27.04. * 11.00 Uhr
... meine Wunsch-Frühstückszeit auf der Terasse von Ignazio
und Anna. Mit so einem hübschen Ambiente hatte ich fast nicht gerechnet, als
ich mich gegen ein Hotel und für ein einheimisches Appartement entschied. Ich
habe Glück, niemand außer mir bewohnt derzeit das kleine Hostal Havana Vintage,
daher hab’ ich Wohnzimmer und Esszimmer für mich ganz allein. Mein Schlafzimmer
ist völlig ausreichend mit Klimaanlage und großem Bad. Ach, wie geht es mir
gut!
13.00 Uhr
Ich ordne mich, gehe in ein Café um die Ecke um zu lesen und
erwarte Raulito und seine Frau Nilda, um in ihrem kleinen Wagen - er hat ihn
selbst zusammengebaut - am Nachmittag in die Altstadt (havana vieja) zu fahren.
Rauli hat in der letzten Nacht nach 7 Stunden in der langen Schlange 20 Liter
Benzin ergattern können. Größer ist der Tank nicht und im Kanister mehr
mitnehmen ist nicht.
Noch schnell um die Ecke Capote und Teresita guten Morgen
sagen, die beiden Musiker haben sich lange nicht gesehen, dann eine Cubanische
Sim Karte auf dem Amt mitnehmen und los.
17.00 Uhr
Havanna - Unglaublich! Schon in der ersten Straße tanzt ein
Mann mit seinem Besenstil vor einer Bar mit Livemusik. Später tanze ich
natürlich mit ihm.
Yadia kommt, wir sehen uns schon von weitem. Sie hat sich
extra von ein paar anderen Aufgaben losgesagt. Yadia hat 5 Tage die Woche
Arbeit in einem der größten und teuersten Hotels Havannas gefunden. Sie tritt mit
Quartett in der Bar auf und singt zu traditioneller Musik. Die Freude ist groß.
Ihre kleinere Schwester Keyla Leyva Prompe (später erfahre ich es ist ihre
Religionsschwester) wohnt gleich um die Ecke und wir besuchen sie und ihren 1
Jahr alten Sohn Bryan Keylor Castañeda,
ein unfassbar süßer Bengel mit dem Lächeln der Sonne.
19.00 Uhr
Ich kann die Kollegen Dank ihrer und meiner Freunde in
Deutschland zum Essen einladen. Yadia sucht das Restaurant aus. Sehr
geschmackvoll, recht groß und fast leer. Unten zumindest. Später besuche ich
auf den anderen Etagen kleinere, etwas besser besuchte Restaurants. Ein
Restaurantleiter bietet mir seine Begleitung in Cuba an. Ich bin nicht die
erste, erfahre ich später von Yadia.
Havanna ist eine großartige Stadt und dieses Großartige
droht zu zerfallen und zerfällt. Schmerzlich und an vielen Ecken trotzdem und
manchmal auch deswegen wunderschön! Was nicht zu zerfallen scheint ist die
einladende, sonnengewärmte Mentalität seiner Einwohner. Sie haben allen Grund
zur Resignation, aber ihr Gefühl für Hoffnung, Verbundenheit und Lebensfreude
schimmert noch durch die manchmal betrübten, leeren Gesichter. Der kleinste
Anreiz genügt allerdings, um ein Lächeln zu bekommen… auf einer Haustür-Stufe
spielt ein Trompeter herzzerreißend „My Way“. Ich filme und singe mit. Mein
Android werde ich die folgenden Tage immer Gewehr bei Fuß haben. Ich fühle mich
wie eine Reporterin… Manchmal muss Yadia mich am Ärmel weiterziehen oder Nilda
ruft: Jackeliiin!
21.30 Uhr
Wir kommen bei Yadia zu Hause an. Das Treppenhaus war mal
majestätisch. Die Wohnung ist nicht groß, aber ausreichend. Sie bauen fleißig
darin, in einem Zimmer steht eine halbe Wand. Ich lerne ihren Mann Kardil
kennen. Beide sind religiösen Glaubens und haben kleine Altare mit vielen
verschiedenen Figuren aufgebaut. Wir sitzen auf der Erde, stehen auf dem
winzigen Balkon mit Wäscheleine und schauen in die Wohnungen gegenüber, die nur
einen Meter entfernt scheinen. Ein Mann liegt auf seinem Bett… er liegt immer
da, ist traurig, niemand ist bei ihm.
Natürlich singen wir irgendwann, zu dritt, bei weit
geöffneten Fenstern: „Strumming my pain with his fingers...“ Alle Türen stehen
offen, auch die, der Nachbarn. Sie lachen und unterhalten sich laut im Hausflur.
Ihre Kinder besuchen abwechselnd jede der Wohnungen. Vor uns steht plötzlich
ein zweijähriges Zwillingspärchen, Jungs, unschlüssig… tanzen oder nich’ – Na
gut!
23.30 Uhr
Verabschiedung am Malecon (Promenade). Ein lauer Wind, es
ist leer, wir sitzen zu fünft auf den Bänken und plauschen noch ein wenig.
Raulitos porquito coche schafft es gerade so a la su casa.
Am nächsten Tag muss der Wagen in die Werkstatt. Zuerst hat aber wieder einmal
allein herausgefunden woran es liegt und ein kleines Video dazu gedreht.
Herrlich! Naja, nicht für ihn.
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